Alfred Adler
* 7. Februar 1870 in Rudolfsheim bei Wien, †28. Mai 1937 in Aberdeen/Schottland (Arzt und Psychotherapeut) und der Begründer der Individualpsychologie.

Alfred Adler wurde als 2. Kind von insgesammt 6 (4 Jungen/ 2 Maedchen) geboren. Sein Vater, Leopold Adler war ein kleiner Getreidekaufman in Wien. Adler hatte eine Organminderwertigkeit, er litt an Rachitis und einem Stimmritzenkrampf beim Weinen. Als er 3 Jahre alt war starb neben ihm im Bett sein juengerer Bruder. Ein Jahr darauf erkrankte er an einer schweren Lungenentzuendug die ihm beinahe das leben kostete. Die entscheidung Artzt zu werden war gefaellt, und blieb ein leben lang bestehen.

Alfred war ein mittelmaessiger Schueler. Er war er in Mathe so schlecht dass er die 5. Klasse wiederholte und der Lehrer ihm rieht Schuster zu werden. Alfred lernte wie verbissen mathematische probleme zu loesen, bis er einmal vor die Klasse trat und den Lehrer mit seinem Wissen so schockte, dass er von da an zu den aller besten dieses Faches gehoerte.

In Wien studierte er anschliessend Medizien, nahm aber nebenbei an Psychologie und Philosoghie Kursen teil. 1895 bestand er sein Examen und arbeitete im Krankenhaus und an der Polyklinik.

Während des Studiums traf er in einer sozialistischen Studentengruppe Raissa Timofeyevna Epstein, eine Russin, die in Zürich und Wien studierte. Sie heirateten 1897 in Moskau. Aus dieser Ehe stammen die vier Kinder Valentina, Alexandra, Kurt und Cornelia.

Er arbeitete zunächst als Augenarzt und eröffnete kurz darauf eine Praxis für Allgemeinmedizin nahe dem Wiener Prater – einer Gegend, in der seine Patienten in ärmlichen Verhältnissen lebten, was ihn in seinen Ansichten über die Notwendigkeit einer sozialmedizinischen Betreuung der Wiener Bevölkerung bestärkte.

1902 trat er dem Freudschen Diskussionszirkel „Mittwochsgesellschaft“ bei, und wurde Mittglied der Psychoanalytischen Zeitschrift unter Sigmund Freud. Er entwickelte jedoch schon bald eine von der Psychoanalyse abweichende, eigenständige Lehre. Er sah den Menschen nicht von Trieben bestimmt, sondern als freies Wesen, das die kulturellen Aufgaben lösen muss, die ihm das Leben stellt. Diese Gegensätze konnten immer weniger überbrückt werden, und so kam es 1911 zum Bruch mit Freud.
In seiner 1907 publizierten Studie über Minderwertigkeit von Organen legte Adler seinen eigenen Standpunkt und seine neuen Ideen dar und begründete damit die Schule der Individualpsychologie. Er wies auf den Zusammenhang zwischen der Organminderwertigkeit und deren körperlichen und psychischen Kompensation undÜberkompensation hin. Nach dem Bruch mit Freud gründete Adler eine eigene Gesellschaft für freie Psychoanalyse, den späteren Verein für Individualpsychologie. Seine Lehre bezeichnete er als Individualpsychologie., weil er in seiner Arztpraxis feststellte, dass jeder Patient als Unwiederholbar-Einmaliges, als Individuum und als Ganzheit körperlich zu behandeln und psychisch zu verstehen ist.
Adler formulierte die Grundzüge seiner Lehre in seinem theoretischen Hauptwerk Über den nervösen Charakter (1912), in dem er die Normalpsychologie und die Psychopathologie in einem Konzept vereinigte. Mit diesem Buch schaffte die Individualpsychologie in der Fachliteratur den Durchbruch als Alternative zur Psychoanalyse. Im 1913 erschienenen Buch Heilen und Bilden. Ein Buch der Erziehungskunst für Ärzte und Pädagogen. stellten Adler und seine Schüler die Entwicklung der Individualpsychologie. in der

 Erziehungsarbeit dar. 1914 kam es zur Gründung der „Internationalen Zeitschrift für Individualpsychologie“.
Der Erste Weltkrieg brachte einen ersten Unterbruch in der Entwicklung der Individualpsychologie. Adler arbeitete von 1914–16 als Militärarzt in Krakau, Brünn und Wien.

 Adler wollte eine lebensnahe Psychologie schaffen, die dem Menschen ermöglicht, seine Mitmenschen aus deren jeweils individuellen Lebensgeschichte heraus zu verstehen. Seine ab 1920 bewusst im schlichten Stil gehaltenen Bücher und seine Vorträge sollten seine Psychologie jedermann zugänglich und zum Allgemeingut machen. In den zwanziger Jahren hielt er eine Reihe von Vorlesungen an der Volkshochschule in Wien, die er 1927 unter dem Titel Menschenkenntnis veröffentlichte.

Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen war eine Blütezeit der Individualpsychologie. Im Rahmen der Wiener Schulreform konnten Adler und seine Mitarbeiter rund dreißig Erziehungsberatungsstellen in Wien eröffnen. 1920 wurde Adler Direktor der ersten Klinik für Kinderpsychologie in Wien. Ins gleiche Jahr fällt auch seine Lehrtätigkeit am Pädagogium der Stadt Wien. Mit der Publikation Praxis und Theorie der Individualpsychologie (1920), die Vorträge zur Einführung in die Psychotherapie für Ärzte, Psychologen und Lehrer umfasste, begann Adler, seine Theorie detaillierter darzustellen.

Von 1926 an besuchte Adler regelmäßig die USA, wo seine optimistische Lehre vom Menschen als soziales Wesen außerordentliche Popularitäterlangte. Anfang der 30er Jahre war Adler einer der bekanntesten Psychologen der westlichen Welt. An dem von Arthur Kronfeld in Berlin organisierten großen und zugleich letzten 5. Internationalen Kongress für Individualpsychologie sollen über 2.000 Personen teilgenommen haben.

Zur Stärkung und zum besseren Verständnis der Erziehungsprophylaxe publizierte Adler 1929 die Individualpsychologie in der Schule und 1930 Die Seele des schwererziehbaren Kindes. 1933 legt Adler in seinem Spätwerk Der Sinn des Lebens seine philosophische Grundposition dar. Der Sinn des Lebens sei ein entwickeltes Gemeinschaftsgefühl zur Lösung der Lebensfragen, ein Vollkommenheitsstreben zu einer idealen Gesellschaft.

Angesichts der bedrohlichen Zustände in Europa übersiedelte Adler 1934 nach den USA. Er hatte schon seit 1926 eine Gastprofessur an der Columbia University und seit 1932 am Long Island College inne. 1935 erschien erstmals das in englischer Sprache verfasste International Journal of Individual Psychology. Er unternahm immer noch Vortragsreisen nach Europa. Auf einer solchen Reise verstarb er am 28. Mai 1937 in Aberdeen(Schottland) im Alter von 67 Jahren an Herzversagen.

 

Primärliteratur

  • Alfred Adlers Individualpsychologie. Eine systematische Darstellung seiner Lehre in Auszügen aus seinen Schriften Herausgegeben und bearbeitet von Heinz L. Ansbacher und Rowena R. Ansbacher 1956, Reinhardt Verlag München/Basel 1982
  • Gesundheitsbuch für das Schneidergewerbe, Carl Heymanns Verlag, Berlin 1898
  • Studie über die Minderwertigkeit der Organe 1907
  • Zur Kritik der Freudschen Sexualtheorie des Seelenlebens 1911
  • Über den nervösen Charakter (Hauptwerk) 1912, Fischer Taschenbuch 1972
  • Heilen und Bilden 1914, Fischer Taschenbuch 1973
  • Die andere Seite. Eine massenpsychologische Studie über die Schuld des Volkes, Verlag Leopold Heidrich, Wien 1919
  • Praxis und Theorie der Individualpsychologie 1920, Fischer Taschenbuch, ISBN 3596262364
  • Menschenkenntnis, 1927, Fischer Taschenbuch, ISBN 3-596-26080-9
  • Die Technik der Individualpsychologie. Erster Teil: Die Kunst, eine Lebens- und Krankengeschichte zu lesen 1928/1930, Fischer Taschenbuch,ISBN 3596262607
  • Individualpsychologie und Schule 1929, Fischer Taschenbuch 1973
  • Lebenskenntnis 1929, Fischer Taschenbuch 1978, ISBN 3596263921
  • Neurosen. Fallstudien. Zur Diagnose und Behandlung 1929, Fischer Taschenbuch, ISBN 3596267358
  • Die Technik der Individualpsychologie. Zweiter Teil: Die Seele des schwererziehbaren Kindes 1930, Fischer Taschenbuch 1974
  • Das Leben gestalten – Vom Umgang mit Sorgenkindern 1939, Fischer Taschenbuch 1979
  • Das Problem der Homosexualität und sexueller Perversionen 1930, Fischer Taschenbuch 1977
  • Wozu Leben wir? 1931, Fischer Taschenbuch 1979, ISBN 3596267080
  • Der Sinn des Lebens 1933, Fischer Taschenbuch, ISBN 3-596-26179-1
  • Religion und Individualpsychologie, 1933
  • Lebensprobleme. Vorträge und Aufsätze 1937, Fischer Taschenbuch 1994, ISBN 3596117186